Die für den 16. Juni anberaumte Hauptversammlung des Cuxhavener Windprojektierers PNE mutiert zur Bühne für einen offenen Schlagabtausch zwischen CEO Martin Billhardt und dem Großaktionär Volker Friedrichsen. Dieser hatte zuvor sein Unternehmen WKN an die PNE verkauft – zu einem überteuerten Preis, wie Billhardt heute behauptet.
Auf dem Aktionärstreffen geht es nun um die Abwahl bzw. Bestellung von Vertretern der einen oder anderen Seite in den Aufsichtsrat des Unternehmens. Gewinnt Friedrichsen, sind die Tage von CEO Martin Billhardt vermutlich gezählt. Obsiegt am Ende das aktuelle Management, bleibt dem heutigen Großaktionär wohl nur noch der Verkauf seiner Anteile. Angesichts der verworrenen Lage haben wir mit dem PNE-Chef über die strittigen Punkte gesprochen.
Smart Investor: Herr Billhardt, auf der Hauptversammlung der PNE am 16. Juni fechten Sie einen mit harten Bandagen ausgetragenen Führungsstreit mit Ihrem Großaktionär Volker Friedrichsen aus. Sie wollen ihn und zwei seiner Vertreter aus dem Aufsichtsrat abwählen lassen. Friedrichsen auf der anderen Seite die drei Ihnen nahe stehenden Aufsichtsräte. Was sind Ihre Argumente?
Billhardt: Aufsichtsrat und Vorstand sind der Auffassung, dass sich unser Aufsichtsratsmitglied Volker Friedrichsen, der alleiniger Eigentümer der Volker Friedrichsen Beteiligungs-GmbH ist, sich in einem dauerhaften Interessenkonflikt befindet und dadurch auch seine Tätigkeit im Aufsichtsrat belastet ist. Unterstützt wird er im Aufsichtsrat von seiner Rechtsberaterin Frau Astrid Zielke, die ihn beim Verkauf der WKN-Anteile an die PNE WIND AG bereits anwaltlich vertreten hat, und Herrn Peter Baron von le Fort. Dies hat bereits zu Konflikten im Aufsichtsrat geführt. So hatte Herr Peter Baron von le Fort auf Wunsch von Herrn Friedrichsen Anträge auf Abwahl und gerichtliche Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden gestellt. Mit der Durchsetzung dieser Anträge blieb er bei der Abstimmung im Aufsichtsrat erfolglos. Eine hiergegen von Herrn Baron von le Fort erhobene Klage hat das Landgericht Stade mit einem (noch nicht rechtskräftigen) Urteil vollständig abgewiesen.
Smart Investor: Primär werfen Sie Friedrichsen die zu hohe Bewertung einzelner Windkraftprojekte in den Bilanzen der WKN vor. Deswegen glauben Sie beim Erwerb des Unternehmens einen zu hohen Kaufpreis bezahlt zu haben. Können Sie an einem konkreten Beispiel erläutern, wie WKN hier bilanziert hat und ob dies von einem Abschlussprüfer abgesegnet wurde?
Billhardt: Wir haben nach detaillierter Untersuchung durch einen externen Wirtschaftsprüfer festgestellt, dass wir bei jedenfalls 15 Projekten unvollständige bzw. falsche Angaben zu der Werthaltigkeit von Projekten erhalten haben. Im Rahmen der dem Kauf vorgeschalteten Due Diligence sind eine Reihe von Dokumenten nicht vorgelegt worden. Grundsätzlich war die Volker-Friedrichsen Beteiligungs-GmbH als Verkäuferin dazu verpflichtet, alle Informationen, die die WKN AG betrafen, offen zu legen. Aus nicht vorgelegten Dokumenten, die im Nachhinein aus dem bei der Due Diligence nicht zugänglichen Email-Verkehr herausgefiltert wurden, ergibt sich, dass eine Überbewertung des Projektvermögens vorgelegen hat. Insgesamt ergab sich im Nachhinein, dass der Konzernabschluss der WKN AG Überbewertungen von fast 17 Mio. EUR aufwies, die der PNE WIND AG zum Zeitpunkt des Kaufvertrages nicht bekannt waren.
Smart Investor: Friedrichsen behauptet andererseits die Vorwürfe seien lediglich konstruiert, um ihn aus dem Aufsichtsrat zu entfernen. Statt an alle Verkäufer der WKN richtet sich Ihre Klage bislang nur gegen ihn, nicht allerdings gegen den Siemens-Konzern, der ihnen ebenfalls 29% der WKN-Anteile verkauft hat. Zudem wirft Friedrichsen Ihnen und den Aufsichtsräten eine „Selbstbedienungsmentalität“ vor. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?
Billhardt: Wir weisen diese Vorwürfe entschieden zurück. Gegenüber Siemens wurden ebenfalls Garantieansprüche in Höhe von 3,2 Mio. EUR zur Vermeidung der Verjährung geltend gemacht (siehe Geschäftsbericht 2014, S. 9). Das Schiedsverfahren wurde jedoch einvernehmlich bis auf weiteres ausgesetzt. Im Gegensatz zu Herrn Friedrichsen ist Siemens bereit, mit uns Gespräche zur gütlichen Einigung zu führen. Außerdem will Siemens das Verfahren mit Friedrichsen abwarten, da es indizierende Wirkung haben könnte. Die Vergütungen von Vorstand aber auch Aufsichtsrat stehen im Einklang mit dem Corporate Governance Kodex und sind zu einem überwiegenden Teil an den Erfolg des Unternehmens gekoppelt und daher gerechtfertigt.
Smart Investor: Angesichts der niedrigen Präsenz der letzten Hauptversammlungen von jeweils unter 30% hat ihr Opponent mit seinem 15% Anteil durchaus eine reelle Chance. Sollte er gewinnen, würde ein neu gewählter Aufsichtsrat vermutlich einen neuen Vorstand bestellen. Geht es Ihnen also primär um den eigenen Kopf?
Billhardt: Es geht um die Zukunft des Unternehmens, dessen künftige Ausrichtung und die damit verbundene Wertsteigerung – auch im Sinne unserer Aktionäre. Wir sind gerade dabei, das Geschäftsmodell um ein in Großbritannien und den USA bereits sehr erfolgreiches Konzept, eine sogenannte YieldCo, zu ergänzen. Dabei werden von uns projektierte und in Betrieb genommene Onshore-Windparks in der Gesellschaft gebündelt, die Investoren partizipieren an den Renditen aus der Stromerzeugung. Das ist attraktiv und langfristig kalkulierbar. Für uns kann es ein zusätzlicher Absatzkanal für die Windpark-Projekte sein. Wir wollen an der künftigen Struktur des Unternehmens arbeiten und uns nicht in internen Streitereien verlieren.
Smart Investor: Gibt es nach Ihrer Einschätzung noch eine Möglichkeit zu einer Einigung mit Friedrichsen, auch um die in der Öffentlichkeit ausgetragene Fehde schnellstmöglich zu beenden?
Billhardt: Eine solche Möglichkeit sehe ich derzeit nicht, obwohl wir sehr gerne eine Einigung noch vor der HV erreichen würden. Herr Friedrichsen bietet uns dafür aber bisher keine Grundlage an. Ich hoffe aber, dass wir nach der anstehenden HV mit einem neu legitimierten Aufsichtsrat gut und vertrauensvoll und mit klaren Stimmverhältnissen zusammenarbeiten können.
Smart Investor: Falls die Vorschläge der Verwaltung angenommen werden sollten ist damit zu rechnen, dass Friedrichsen seine Aktien verkaufen wird. Wie wollen Sie sicherstellen, dass dies keine zusätzliche Belastung für den Kurs darstellt?
Billhardt: Das ist eine spekulative Frage, die wir nicht beantworten können. Auch zum Kursverlauf selbst nehmen wir grundsätzlich keine Stellung. Wir bemühen uns, dass unser Unternehmen strategisch, operativ und finanziell gut positioniert ist und vertrauen auf die Marktkräfte, dass unser Aktienkurs diese Aufstellung langfristig auch angemessen reflektiert. Eine Verkaufsentscheidung könnte negativen Einfluss auf unsere Aktie haben. Insofern wäre eine solche Handlungsweise auch nicht im Interesse von Herrn Friedrichsen. Am Aktienmarkt finden üblicherweise größere Umplatzierungen in Form von Private Placements statt. Ob dies hier auch so möglich wäre, ist spekulativ und kann von uns nicht beantwortet werden.
Smart Investor: Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Christoph Karl